Zwischen Autonomie und Paternalismus. Analyse der Beschäftigungsmaßnahmen in den Behindertengesetzen der Länder
Sprache des Vortragstitels:
Deutsch
Original Tagungtitel:
ESPAnet Austria 2024
Sprache des Tagungstitel:
Deutsch
Original Kurzfassung:
Die Art der Wohlfahrtspolitik eines Staates hat großen Einfluss auf die Lebensqualität und die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Die Art der von der Sozial- und Behindertenpolitik bereitgestellten Unterstützung und Dienstleistungen hängt wiederum von der zugrunde liegenden Interpretation von oder den Annahmen über Behinderung oder Menschen mit Behinderungen ab (Waddington/Diller 2002).
Wir untersuchen und theoretisieren im geplanten Vortrag Perspektiven bezüglich Autonomie und Paternalismus am Beispiel der Beschäftigungsmaßnahmen in den Behindertengesetzen der Länder. Wir verwendeten drei theoretisch abgeleitete Modelle ? das paternalistische, das libertäre und das sozial-relationale ? für die Analyse der Beziehungen zwischen sozialen Diensten im Dreieck von Leistungserbringern, staatlichen Akteuren und der Betroffenen. Auf diese analytische Brille stützte sich die Inhaltsanalyse von Gesetzen, Verordnungen und Monitoringberichten.
Die Ergebnisse zeigen, dass in der Behindertenhilfe der Bundesländer paternalistische und behindertenfeindliche Perspektiven auf Menschen mit Behinderungen dominieren, während Unterstützungsleistungen, die eine de-institutionalisierte Arbeit oder Supported Employment auf dem offenen Arbeitsmarkt vermitteln, nur ansatzweise vorhanden sind. Die meisten Unterstützungsleistungen beziehen sich auf lebenslange Taschengeldjobs ohne Arbeitnehmer:innenstatus in segregierten Ersatzarbeitsmärkten.
Die Ergebnisse zeigen, dass die fortschrittliche Rhetorik, die mehr Selbstbestimmung und Inklusion verspricht, zwar häufig in der Gesetzgebung zu finden ist, aber meist mit dem Versuch verbunden ist, den Mangel an adäquaten personenzentrierten Unterstützungsleistungen zur Erlangung einer Erwerbstätigkeit auf dem offenen Arbeitsmarkt zu verschleiern. So schaffen die Behindertengesetze der Länder eine unnötige, d.h. pathogene Vulnerabilität von Menschen mit Behinderungen.