Videovermittelte Sozialität und ihre körperlich-materiellen Ansprüche
Sprache des Vortragstitels:
Deutsch
Original Tagungtitel:
Post-Corona-Gesellschaft? Pandemie, Krisen und ihre Folgen
Sprache des Tagungstitel:
Deutsch
Original Kurzfassung:
Durch die massive Ausweitung des Gebrauchs von Videokonferenzen im Zuge der Covid-19 Pandemie verlagern sich soziale Situationen der Ko-Präsenz so stark in virtuelle Räume wie nie zuvor. Was bedeutet dies für die Körper und materiellen Räume der Beteiligten? Die Soziologie hat zu diesen Fragen bislang zu wenige Antworten. Klar ist mittlerweile jedenfalls auch in der Soziologie, dass soziale Ko-Präsenz nicht mehr automatisch an körperlich-räumliche Ko-Präsenz gebunden sein muss. Mit der Relativierung von körperlicher Anwesenheit als notwendiges Element von Sozialität ergibt sich allerdings auch die Gefahr einer vorschnellen ?Entkörperung? des Sozialitätsbegriffs, die digital vermittelte Interaktionen tendenziell auf ein Geschehen reduziert, das sich in erster Linie medial ereignet und vollzieht. Problematisch ist dies deshalb, da damit Fragen der Rückbindung dieses medialen Geschehens an die Materialität digitaler Interaktionspraktiken und ihrer physisch situierten Körper außer Acht gelassen werden. Das stärkt wiederum hartnäckige Mythen der Befreiung vom Körper im Zeitalter digitaler Vergemeinschaftung, die ein prägendes Narrativ der frühen sozialwissenschaftlichen Internetforschung darstellen. Auf der Basis von ethnographischen Beobachtungen von arbeitsbezogenen Trainings zu ?Online-Präsenz? sowie des pandemiebedingten Gebrauchs von Videokonferenzen untersucht der Vortrag die Frage, in welcher Weise gerade in digitalen Interaktionssettings Formen der Disziplinierung und Beteiligung des Körpers verhandeln werden. Dabei wird der Vortrag auch danach fragen, welche Spannungen sich zwischen den materiellen Ansprüchen videovermittelter Interaktionen im Home-Office und den interaktiven Erfordernissen, Normen und Erwartungen von Wohn- und Familiensituationen ergeben. Vortrag beim gemeinsamen Online-Soziologiekongress der DGS/ÖGS im August 2021.