"Doppelbewegung" in Lateinamerika: Zum schwierigen Verhältnis von sozialen Bewegungen und Staat in Argentinien, Brasilien und Bolivien
Sprache des Vortragstitels:
Deutsch
Original Tagungtitel:
Bewegte Zeiten: Kapitalismus, Krisen, Proteste
Sprache des Tagungstitel:
Deutsch
Original Kurzfassung:
In seiner Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte des Kapitalismus zeigte der ungarisch-österreichische Ökonomom Karl Polanyi vor einem Dreivierteljahrhundert auf, wie die Entfesselung der Marktwirtschaft der Gesellschaft an die Substanz geht. Nicht zuletzt Arbeit und Natur würden, wenn sie wie Waren allein nach den Gesetzen des Marktes gehandelt werden, zerstört. Daher versuche die Gesellschaft, sich in Form von "Gegenbewegungen" gegen die "Bewegung" ihrer radikalen Vermarktung zu schützen. Sein Werk ist unter finanzkapitalistischen Vorzeichen von ungebrochener Aktualität und wird weltweit aufgenommen, um die gegenwärtigen Entwicklungen zu betrachten. Auch in Österreich hat es erheblichen Anklang gefunden, was sich in der Gründung der International Karl Polanyi Society und der Publikation von Büchern zeigt wie "Capitalism in Transformation, Movements and Countermovements in the 21st Century". Hieran knüpft die Veranstaltung an und fragt: Wie hat sich die Wirtschaftsliberalisierung der vergangenen Jahrzehnte in sozialer und ökologischer Hinsicht ausgewirkt? Wie lassen sich gegenwärtige Proteste, sei es im Feld der Sorgearbeit, sei es im Kontext ökologischer Probleme, erklären? Wohin entwickelt sich der Kapitalismus? Diese Fragen werden in einem Gespräch aufgegriffen, das für die Diskussion mit dem Publikum geöffnet ist. Es präsentieren und diskutieren die HerausgeberInnen des Bandes Roland Atzmüller, Brigitte Aulenbacher, Ulrich Brand, Fabienne Décieux und Karin Fischer. Karin Fischer diskutiert in ihrem Beitrag am Podium das Polanyische Konzept der Doppelbewegung an Hand der jüngeren Geschichte Lateinamerikas. Bolivien, Argentinien und Brasilien bieten Schauplätze dafür, geben aber auch Anlass, das Staatsverständnis zu verfeinern und auf das schwierige Verhältnis von sozialen Bewegungen und Reformstaat zu verdeutlichen.