Dialekt als Karrierebremse? Einfluss der Aussprache auf Einstellungschancen im Beruf
Sprache des Vortragstitels:
Deutsch
Original Tagungtitel:
49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
Sprache des Tagungstitel:
Deutsch
Original Kurzfassung:
Wie eine Person spricht hat erheblichen Einfluss darauf, wie sie auf andere wirkt. So kann eine regional gefärbte Aussprache Zuhörer zu Rückschlüssen über sprachunabhängige Merkmale verleiten (Rakic, Steffens & Mummendey, 2011). Im ungünstigen Fall kann dies zu einer Benachteiligung im Beruf führen, zum Beispiel im Rahmen von Bewerbungen (Carlson & McHenry, 2006). Ein klassischer Erklärungsansatz für diesen Effekt ist, dass Akzente und Dialekte negative Stereotype beim Zuhörer aktivieren und die Personenwahrnehmung entsprechend verzerren können (Mai & Hoffman, 2010).
Die Auswirkung von Aussprache auf den Bewerbungserfolg wurde in zwei Studien untersucht. In Studie 1 sahen deutschsprachige Versuchspersonen das Bewerbungsvideo einer Person, die sich entweder mit Standardaussprache oder dialektgefärbter Aussprache als Filmschnitttechniker bewarb. Anschließend schätzten sie den Bewerber bezüglich Sympathie und Kompetenz ein und trafen eine Entscheidung über seine Anstellung. Sprach der Bewerber mit Dialekt, wurde er signifikant weniger oft angestellt. Eine Mediationsanalyse zeigte, dass dieser Effekt teils durch die wahrgenommene Kompetenz (nicht aber Sympathie) erklärt werden konnte. Studie 2 hatte denselben Versuchsaufbau, erhob allerdings neben der Anstellungsentscheidung eine explizite Einschätzung von Verständlichkeit sowie von Kompetenz und Wärme. Des Weiteren wurden implizite Einstellungen durch affektives Priming gemessen. Wieder führte der Dialekt zu geringeren Anstellungsquoten, dieser Effekt konnte allerdings gänzlich durch den indirekten Effekt von Verständlichkeit auf Kompetenzeinschätzung und Kompetenzeinschätzung auf Anstellung erklärt werden. Auf die Einschätzung von Wärme oder implizite Einstellungen hatte Dialekt keinen Einfluss.
Zusammenfassend zeigen die Studien eine Benachteiligung von Dialektsprechern in Bewerbungskontexten, welche man jedoch eher auf reduzierte Verständlichkeit als auf negative Stereotypenaktivierung zurückführen kann.