Stefan Laube,
"Rolle(nspiel) und Rollendistanz"
, in Karl Lenz und Robert Hettlage: Goffmann-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung, J.B. Metzler, Stuttgart, Seite(n) 213-217, 7-2022, ISBN: 978-3-476-05870-6
Original Titel:
Rolle(nspiel) und Rollendistanz
Sprache des Titels:
Deutsch
Original Buchtitel:
Goffmann-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung
Original Kurzfassung:
Mit dem Begriff Rollendistanz (role distance) greift Goffman das empirische Phänomen auf, dass sich Individuen zeitweilig demonstrativ von ihrer sozialen Rolle distanzieren können. Charakteristisch für diese Akte der Distanzierung ist nach Goffman, dass sie neben bzw. gleichzeitig zu der jeweils zum Ausdruck gebrachten Hauptrolle, etwa einer Berufsrolle, andere Rollen ins Spiel bringen. Nach Goffman hilft Rollendistanz den Teilnehmenden sozialer Interaktionen dabei, die an sie gestellten komplexen und teilweise heterogenen Verhaltenserwartungen situativ zu gestalten und auszubalancieren. Mit dieser interpretativen und performativen Wendung des Rollenbegriffs richtet sich Goffman gegen zwei Denkweisen: Zum einen gegen die funktionalistische Rollentheorie in der Soziologie, die eine soziale Rolle als Bündel normativer Verhaltenserwartungen definiert, aber deren Auslegung durch die Handelnden selbst ausblendet. Zum anderen gegen die populäre Vorstellung, dass Akte der Rollendistanz einen radikalen Bruch mit Rollenzwängen darstellen.