Rainer Bartel,
"Zur ökonomischen Sicht von Gleichheit"
, in Momentum Quarterly, Vol. 1, Nummer 2, 6-2012, ISSN: 2226-5538
Original Titel:
Zur ökonomischen Sicht von Gleichheit
Sprache des Titels:
Deutsch
Original Kurzfassung:
Ökonomik fällt durch ihren Grundvorbehalt gegen Gleichheit der Verteilungsergebnisse auf, zumal Belohnung für erwünschtes Verhalten systemnotwendig erscheint. Denn perfekte Anreize legen Verantwortlichkeiten fest und schützen Transfergeber_innen vor relativer Deprivation. Extrinsische Motivation für Leistung auf dem Markt setzt somit Ungleichheit voraus; andererseits kann selbst bei vollkommenem Wettbewerb die Verteilung stark polarisiert und die Gesellschaft dadurch schlechter gestellt sein: ein Dilemma. Eine dogmatische Rückschau auf ökonomische und benachbarte Denkschulen beleuchtet sehr unterschiedliche Verteilungssichtweisen: eine Tendenz zur Nivellierung der Verteilung oder einen Automatismus zur Herstellung von Leistungsgerechtigkeit, die Möglichkeit zum Reicherwerden auf Grund einer bestimmten Klassenzugehörigkeit, die Ächtung reiner Besitzeinkünfte, die Hoffnung auf Wachstum, das ohne aktive Umverteilung größere Gleichheit mit sich bringt, gleicher machende staatliche Umverteilung als Freiheitseinschränkung oder als Schaffung von Freiheit im Sinn von Gleichberechtigung, Ermöglichung und Risikominimierung. Gleichheit im Verteilungsergebnis passt nicht in unser Wirtschafts- und Gesellschaftskonzept; vielmehr ist der Weg das Ziel. Die Aufgabe der Ökonomik liegt darin, die sozialökonomischen Folgen einer Verteilung empirisch aufzuzeigen und in naheliegende Systemtheorien einzuarbeiten. Lobbyistische Politik verschließt die Augen vor jener Chancengerechtigkeit, welche die mainstream-Ökonomik mehr oder weniger stillschweigend voraussetzt, aber stärker beforschen sollte. Eine merkliche Politikänderung würde eine wesentlich andere Kultur der politischen Kommunikation und strategischen Vorgangsweise verlangen.
Sprache der Kurzfassung:
Deutsch
Englischer Titel:
On the Economic View of Equality. Paper prepared for the conference "momentum'11 - Gleichheit"
Englische Kurzfassung:
Economics is known for its basic reservation against equality as rewarding desired behaviour appears necessary for system workability: Incentives pin down responsibilities and protect donors from deprivation. Extrinsic motivation for market performance requires inequality, whereas even competition can produce strongly uneven distribution and thus disadvantage society: a dilemma. A dogmatic hindsight onto economic and adjacent schools of thought will highlight quite divergent rationales of distribution: a tendency toward equalisation versus an automatism for guaranteeing performance justice, the possibility of getting richer due to the belonging to an economic class, the ostracism of pure income from wealth, the hope for economic growth that brings along more equality without active redistribution, governmental redistribution as a constraint on freedom versus a creation of freedom in the sense of equal rights, empowerment and risk minimisation. Equality does not fit into our conception of economy and society; rather, the distributive process is the aim. The economists? task is to scrutinise empirically the social economic consequences of a distribution and incorporate findings into manifest system theories. Opportunistic politics disregards equal chances that mainstream economics assumes more or less tacitly but should investigate more thoroughly. Substantial policy change would require an essentially different culture of public communication and strategic procedure.