Entgegen der weitverbreiteten Annahme, dass die Naturwissenschaften mit dem sozialen Zusammenleben von Menschen nichts zu tun hätten, zeigt diese Studie, dass von der Aufklärung bis zum späten 19. Jahrhundert, die Untersuchung natürlicher Zusammenhänge sehr eng mit Fragen des sozialen Lebens verknüpft waren. Theorien über die Anziehungskräfte von Körpern und der Entwicklung des Lebens in der Natur waren auf vielfältige Weise mit einem sehr lebendigen Diskurs über erotische Verhältnisse zwischen Menschen und einer "politischen Ökonomie der Bevölkerung" verbunden. In dieser Studie analysierte ich wissenschaftliche Theorien von chemischen Elementen, Pflanzen und Tieren, die zwischen der Mitte des 18. und dem späten 19. Jahrhundert entwickelt wurden, hinsichtlich ihrer Definitionen von erotischem Begehren, erotischen Verhältnissen und Praktiken als natürliche Phänomene. Ich konzentrierte mich auf Entwicklungstheorien, Affinitätstheorien in der Chemie und Evolutionstheorien in der Biologie. Ich konnte zeigen, dass Fragen danach, welche Kräfte erotischem Begehren, erotischen Verhältnissen und Praktiken zugrunde lagen, eine zentrale Rolle in diesen Theorien spielte - ebenso wie in den spekulativen Zivilisationsgeschichten seit der Aufklärung.
Diese Arbeit deckt die Signifikanz erotischer Ökonomien der Wissenschaft für die Plausibilität und den Erfolg wissenschaftlicher Wissensproduktion auf und soll zu einer Philosophie der Naturwissenschaften beitragen, die epistemische und soziale Veränderungen erfassen und in Beziehung setzen kann.